Mitten in der schwersten Krise bekommt die Euro-Zone ein neues Mitglied: Estland. Der Balten-Staat wird ab Januar nächsten Jahres als Nummer 17 in die Währungsgemeinschaft aufgenommen. Ist das eine kluge Entscheidung angesichts der Euro-Schwäche?
Offensichtlich ja. Denn Estland, erst seit 2004 in der EU, scheint ein wahrer Musterstaat in Sachen Haushaltspolitik zu sein, gesund und kraftstrotzend. Immerhin bewertete die Kommission acht weitere EU-Länder ohne Euro, die allesamt die Kriterien nicht erfüllten – darunter Schweden und Polen.
EU-Währungskommissar Olli Rehn lobte Estland am Mittwoch für seine Finanzpolitik: „Die durchschnittliche gesamtstaatliche Verschuldung beträgt in der EU 75 Prozent, in Estland liegt sie bei 7,5 Prozent.“
Auch das Defizit von 1,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr liege weit unter dem Maastrichter Referenzwert von 3 Prozent.
Der Schritt des baltischen Landes in die Währungsunion zeige „das Vertrauen in den Euro“. Rehn fuhr fort: „Es gibt keine Warteschlange, um den Euro zu verlassen, sondern eine Schlange in den Euro.“
Finanzminister Jürgen Ligi sagt selbstbewusst: „Wir haben hier seit fast 20 Jahren eine strengere Finanzpolitik betrieben, als das der Maastricht-Vertrag verlangt. Daran wird sich auch nach dem Beitritt zur Eurozone nichts ändern“.
Ligi weiter: „Die Nettoneuverschuldung liegt in diesem Jahr bei 2,4 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, die staatlichen Gesamtschulden bei 12,4 Prozent. Die Inflation ist zwar im April auf 2,9 Prozent gestiegen, wird aber im Jahresdurchschnitt bei 1,3 Prozent erwartet.“
Vor allem bei den Staatsfinanzen hat die betont stramme Haushaltspolitik estnischer Regierungen auch in Boomjahren vor der Finanzkrise für Stabilität gesorgt. „Wir sind gut gefahren mit entschlossenen Ausgabenkürzungen und dem Einsatz von angesparten Reserven, um den Druck auf unseren Haushalt in der Krise zu mildern“, sagt der Finanzminister.
Nach der zurückhaltenden Ausgabenpolitik in Jahren mit enormen Wachstumsraten für die baltischen Ökonomien stehen die Esten jetzt besser da als ihre Nachbarn Lettland und Litauen. Und besser als fast alle Euroländer!
FAKTEN ZU ESTLAND
Wie machen die Esten das? Womit verdienen die ihr Geld? Ein paar Fakten zum kleinen Balten-Staat (rund 1,3 Millionen Einwohner):
Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen gehören Finanzdienstleistungen, Transport/Logistik, Telekommunikation, Tourismus, Handel und die Immobilien- und Baubranche.
Informations- und Kommunikationstechnologien spielen eine große Rolle: Das Land ist stolz darauf, dass viel Bürokratie bereits digital erledigt wird. Beispiel: Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 und den Kommunalwahlen im Oktober 2009 wurde das „e-voting“ (Wählen per Internet oder am Wahlcomputer) erneut erfolgreich eingesetzt. Bereits bei den Kommunalwahlen im Oktober 2005 wurde der Stimmzettel abgeschafft. Estland präsentiert sich inzwischen regelmäßig auf der Computermesse Cebit.
Die EU-Mitgliedstaaten sind die wichtigsten Handelspartner Estlands. Die Ausfuhren in die europäischen Länder bestehen im Wesentlichen aus Maschinen, Geräten und Anlagen, Holz(-produkten), Metall(-waren) und Textilien.
Deutschland ist nach Finnland, Schweden und Russland einer der wichtigsten Handelspartner Estlands. Der Außenhandelsumsatz zwischen Estland und Deutschland 2009 betrug 1,151 Milliarden Euro.
AUSDEHNUNG DER EUROZONE
Rehn sprach sich trotz Euro-Krise für die „schrittweise und vorsichtige Ausdehnung“ der Gemeinschaftswährung aus. Namen von potenziellen Kandidaten nannte er nicht.
Denn: Die übrigen acht geprüften Länder fielen in dem EU-Bericht durch. Bulgarien, Tschechien, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden erfüllten nicht alle Konvergenzkriterien, teilte die Kommission mit.
Diese Länder haben bereits den Euro:
Mehr zum Thema
Mitglieder der Euro-Gemeinschaft
Land
Buchgeld seit
Bargeld seit
Deutschland
1999
2002
Niederlande
1999
2002
Belgien
1999
2002
Luxemburg
1999
2002
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Mitten in der Krise Warum kriegt Estland jetzt den Euro?

Mitten in der schwersten Krise bekommt die Euro-Zone ein neues Mitglied: Estland. Der Balten-Staat wird ab Januar nächsten Jahres als Nummer 17 in die Währungsgemeinschaft aufgenommen. Ist das eine kluge Entscheidung angesichts der Euro-Schwäche?
Offensichtlich ja. Denn Estland, erst seit 2004 in der EU, scheint ein wahrer Musterstaat in Sachen Haushaltspolitik zu sein, gesund und kraftstrotzend. Immerhin bewertete die Kommission acht weitere EU-Länder ohne Euro, die allesamt die Kriterien nicht erfüllten – darunter Schweden und Polen.
EU-Währungskommissar Olli Rehn lobte Estland am Mittwoch für seine Finanzpolitik: „Die durchschnittliche gesamtstaatliche Verschuldung beträgt in der EU 75 Prozent, in Estland liegt sie bei 7,5 Prozent.“
Auch das Defizit von 1,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr liege weit unter dem Maastrichter Referenzwert von 3 Prozent.
Der Schritt des baltischen Landes in die Währungsunion zeige „das Vertrauen in den Euro“. Rehn fuhr fort: „Es gibt keine Warteschlange, um den Euro zu verlassen, sondern eine Schlange in den Euro.“
Finanzminister Jürgen Ligi sagt selbstbewusst: „Wir haben hier seit fast 20 Jahren eine strengere Finanzpolitik betrieben, als das der Maastricht-Vertrag verlangt. Daran wird sich auch nach dem Beitritt zur Eurozone nichts ändern“.
Ligi weiter: „Die Nettoneuverschuldung liegt in diesem Jahr bei 2,4 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, die staatlichen Gesamtschulden bei 12,4 Prozent. Die Inflation ist zwar im April auf 2,9 Prozent gestiegen, wird aber im Jahresdurchschnitt bei 1,3 Prozent erwartet.“
Vor allem bei den Staatsfinanzen hat die betont stramme Haushaltspolitik estnischer Regierungen auch in Boomjahren vor der Finanzkrise für Stabilität gesorgt. „Wir sind gut gefahren mit entschlossenen Ausgabenkürzungen und dem Einsatz von angesparten Reserven, um den Druck auf unseren Haushalt in der Krise zu mildern“, sagt der Finanzminister.
Nach der zurückhaltenden Ausgabenpolitik in Jahren mit enormen Wachstumsraten für die baltischen Ökonomien stehen die Esten jetzt besser da als ihre Nachbarn Lettland und Litauen. Und besser als fast alle Euroländer!
FAKTEN ZU ESTLAND
Wie machen die Esten das? Womit verdienen die ihr Geld? Ein paar Fakten zum kleinen Balten-Staat (rund 1,3 Millionen Einwohner):
Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen gehören Finanzdienstleistungen, Transport/Logistik, Telekommunikation, Tourismus, Handel und die Immobilien- und Baubranche.
Informations- und Kommunikationstechnologien spielen eine große Rolle: Das Land ist stolz darauf, dass viel Bürokratie bereits digital erledigt wird. Beispiel: Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 und den Kommunalwahlen im Oktober 2009 wurde das „e-voting“ (Wählen per Internet oder am Wahlcomputer) erneut erfolgreich eingesetzt. Bereits bei den Kommunalwahlen im Oktober 2005 wurde der Stimmzettel abgeschafft. Estland präsentiert sich inzwischen regelmäßig auf der Computermesse Cebit.
Die EU-Mitgliedstaaten sind die wichtigsten Handelspartner Estlands. Die Ausfuhren in die europäischen Länder bestehen im Wesentlichen aus Maschinen, Geräten und Anlagen, Holz(-produkten), Metall(-waren) und Textilien.
Deutschland ist nach Finnland, Schweden und Russland einer der wichtigsten Handelspartner Estlands. Der Außenhandelsumsatz zwischen Estland und Deutschland 2009 betrug 1,151 Milliarden Euro.
AUSDEHNUNG DER EUROZONE
Rehn sprach sich trotz Euro-Krise für die „schrittweise und vorsichtige Ausdehnung“ der Gemeinschaftswährung aus. Namen von potenziellen Kandidaten nannte er nicht.
Denn: Die übrigen acht geprüften Länder fielen in dem EU-Bericht durch. Bulgarien, Tschechien, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden erfüllten nicht alle Konvergenzkriterien, teilte die Kommission mit.
Diese Länder haben bereits den Euro:
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Mitglieder der Euro-Gemeinschaft
Land
Buchgeld seit
Bargeld seit
Deutschland
1999
2002
Niederlande
1999
2002
Belgien
1999
2002
Luxemburg
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Postat de pe data de 13 mai, 2010 in categoria România în lume. Poti urmari comentariile acestui articol prin RSS 2.0. Acest articol a fost vizualizat de 534 ori.

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